Geschichte des Literaturhauses
Willkommen im Literaturhaus Nürnberg! Am 10. Dezember 2003 konnten wir in der traditionsreichen Luitpoldstraße 6 unser Literaturhaus mit Café-Restaurant eröffnen.
Wie alles anfing? Dazu müssen wir ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit reisen. Die Nürnberger Luitpoldstraße hat eine wechselvolle Geschichte – und eine reiche Tradition. Nur wenige Meter vom Nürnberger Hauptbahnhof entfernt war die Luitpoldstraße im Krieg noch weitgehend verschont geblieben, zumindest im Vergleich mit den Schäden in der sonstigen Stadt, die während des Bombardements Anfang Januar 1945 entstanden waren. Einige Häuser hatten Kriegsschäden in den oberen Stockwerken, manche waren vollkommen zerstört. Das Gesamtbild der Straße jedoch blieb bewahrt. Nach dem Krieg sollte es aufwärts gehen. In der Luitpoldstraße siedelten sich vor allem Unternehmen zur Vergnügung an: Tanzcafés, die auch schon vor dem Krieg hier sesshaft waren, Kinos, neue Nachtclubs und Bars. Nicht zuletzt die in Nürnberg und Fürth stationierten amerikanischen Soldaten schätzten diese bunte, mit Neon hell erleuchtete Straße. Auch die Nürnberger Bevölkerung ging hier gerne an den Abenden und Wochenenden flanieren. Es dauerte nicht allzu lange, bis die ersten leichten Damen in der Straße ihren Platz einnahmen.
Doch auch andere Unternehmer waren hier etabliert – wie zum Beispiel das weit über Nürnberg hinaus bekannte Spielwarengeschäft Virnich. Über drei Etagen streckte sich dieses Paradies für Kinder und Junggebliebene: Eisenbahnen, Puppen, Kartenspiele, Familienspiele – hier gab es fast alles. Das Ehepaar Prechtl betrieb diesen besonderen Nürnberger Fachhandel trotz des Rufes der „sündigen Meile“, bis letztlich die Gesundheit des Seniorchefs das Unternehmen zur Schließung zwang. Das war Mitte der 1990er Jahre. Das Haus – und vor allem sein Verkaufsraum mit einer wunderschönen Treppenanlage aus den 1950er Jahren – wartete auf eine neue Nutzung. Frau Kunigunde Prechtl, Seniorchefin von Virnich, nahm sich Zeit, sie suchte einen ordentlichen und langfristigen Mieter.
Hier müssen wir einen kleinen Sprung machen: Dr. Manfred Boos, langjähriger Leiter des BR-Fernsehstudios Franken und als „Mr. Frankenschau“ in den Wohnzimmern Nürnbergs und des Umlands zuhause, startete eine Initiative.
Bereits 1996 gründeten Gerda und Dr. Manfred Boos gemeinsam den LiteraturClub Nürnberg e.V. und legten mit Ruth Klügers Lesung einen äußerst erfolgreichen und vielbeachteten Start hin. Noch hatte der Club keinen festen Veranstaltungsort. Aufgrund des stetig wachsenden Zuspruchs durch das lesebegeisterte Nürnberger Publikum stellte sich die Frage nach einem festen Domizil. Dr. Manfred Boos und seine Mitstreitr waren also auf der Suche nach einem geeigneten Ort. Die Gespräche mit dem Nürnberger Medienunternehmer Gunther Oschmann und Kunigunde Prechtl, der Seniorchefin der vormaligen Spielwarenhandlung, verliefen positiv. Im Jahr 2002 wurde man sich einig: Das Haus sollte zum Zweck der Schaffung eines Literaturhauses umgebaut werden. Die Gründung des Literaturhauses wurde verabschiedet. Seitdem bespielt der Literaturhaus Nürnberg e.V. die drei vormaligen Spielwarenetagen. Eine Gastronomie wurde etabliert. Im Café-Restaurant finden die zwischenzeitlich über Nürnberg hinaus bekannten Lesungen des LiteraturClub Nürnberg e.V. statt. Zu Gast sind und waren hier in den vergangenen Jahren viele namhafte Autorinnen und Autoren der deutschen, teils auch internationalen Literaturszene, denen die literaturbegeisterten Franken neugierig zuhörten und viele Fragen stellten. Dank zahlreicher Förderer hat es sich ergeben, dass statt leichter Mädchen die Kultur in die Luitpoldstraße einzog. Das Haus liegt in direkter Nachbarschaft zum Neuen Museum. In der Straße sind weitere gastronomische Angebote hinzugekommen, darunter das „Fränk’ness“ und „Imperial“ von Alexander Herrmann und „Bruderherz“ von Raphael Gutmann.
Somit hat das Literaturhaus Nürnberg die Neuausrichtung der Straße mit in Schwung gebracht und ist zu einem wichtigen Fixpunkt in der Nürnberger Altstadt geworden.
Die Einrichtung des Literaturhauses ist mit besonderer Aufmerksamkeit ausgewählt worden. Das Café-Restaurant orientiert sich an der Tradition der Pariser und Wiener Literaturcafés. Sie finden bei uns die für Paris typischen Louis-Seize-Leuchter, Wandspiegel, Messing-Relings, rote Lederbänke und Bistrotische. An Wien erinnern die klassischen originalen Thonet-Stühle und Thonet-Tische sowie die marmorierten Kugellampen. Auch die elegant schwungvolle Treppenanlage aus der Frühzeit des Hauses in den 50er Jahren wurde erhalten und in den Betrieb integriert. Auf diese Weise entstand ein anspruchsvolles Café-Restaurant mit einer einzigartigen Atmosphäre für Lesungen und Gespräche.