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Literaturhaus Nürnberg e.V.

Luitpoldstraße 6
90402 Nürnberg
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Raoul Schrott: Inventur des Sommers - Lesung und Gespräch

Mittwoch, 19. April 2023, 19.00 Uhr, Einlass 17.30 Uhr

Lockdown und Krieg haben große Lücken in unsere Gegenwart gerissen. Raoul Schrotts formensprengende Gedankengedichte erkunden, wie sehr unser Denken, Handeln und Fühlen vom Abwesenden geprägt ist. Vermag es die Poesie, das Verlorengegangene wiederzubringen? Was bleibt und was lassen wir zurück, wenn wir gehen? Kunstvoll, klug und sinnlich führt „Inventur des Sommers“ ein buntes Kaleidoskop jener zersprungenen Momente vor Augen, die unser Leben ausmachen – ob zu Hause, im Zeitgeschehen, in wahren Geschichten, Totenreden oder Jubelfeiern.

Der 1964 in Tirol geborene Raoul Schrott zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern der Gegenwart. Er ist ein Weltreisender der Poesie und ihr Entdecker in vielen Teilen der Erde. Seine in der „Anderen Bibliothek“ erschienene Anthologie „Die Erfindung der Poesie: Gedichte aus den ersten viertausend Jahren“ ist Kult und unendliche Inspirationsquelle für Lyrikliebhaber. Seine Übersetzungen von Homers „Ilias“, des „Gilgamesch-Epos“, altägyptischer Liebeslyrik bis hin zur Poesie des Nobelpreisträgers Derek Walcott setzen Maßstäbe. Und mit eigenen Gedichtbänden wie „Hotels“, „Tropen“ oder „Die Kunst, an nichts zu glauben“ schrieb er sich selbst in die Lyrik-Champions League. Raoul Schrott arbeitet zurzeit im Auftrag der Stiftung Kunst und Natur an einem umfangreichen Atlas des Sternenhimmels. Außerdem übernimmt er heuer die Ernst-Jandl-Dozentur der Universität Wien. Eine Radiofassung der „Inventur des Sommers“ wird im Deutschlandfunk zu hören sein.

„Und dann passieren die Gedichte einfach; sie reden vom Fehlenden und sprechen zum Anwesenden – jedes Mal im Unwirklichen der Worte“, erklärt Raoul Schrott. Wie also von der Fülle des Moments schreiben, vom Leben und vom Rausch der Sommer?

 

Über das Abwesende I

 

januar kriecht aus der gefrorenen erde

häutet sich und legt sich über die bäume und weiden

frisch zerfallen als schnee · ohne in der luft zu bleiben

mittag eine spiegelscherbe