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Literaturhaus Nürnberg e.V.

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Katja Petrowskaja: Als wäre es vorbei

Montag, 16. Juni 2025, 19 Uhr

Katja Petrowskaja ist eine großartige Betrachterin. In ihrer Kolumne „Das Bild der Woche“ in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung spinnt sie aus genauen Beobachtungen seit Jahren faszinierende literarische Kurztexte. Doch seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist daraus eine Kriegs-Betrachtung geworden, die uns das Unbegreifliche erschließen kann oder auch nur benennen. Wie verändert der Krieg die Bilder? Wie verändert er das Sehen? Wie verändert er diejenigen, die ihm standhalten oder die ihm zuschauen? Mit ihren Bild-Texten hat die 1970 in Kiew geborene, seit 1999 in Deutschland lebende Schriftstellerin eine Chronik des Krieges geschrieben. Es ist auch eine Chronik über das Einbrechen des Ungeheuerlichen ins eigene Leben und die Veränderung des eigenen Blicks.

Man sieht Bilder lächelnder Menschen und fragt sich unwillkürlich, ob sie noch leben. Ein Mann steht in einem Loch, mitten auf einer Straße, „als probiere er den möglichen Tod an, als wäre der Tod seine neue Kleidung“. Ein bleiches, lachendes Mädchen, an eine ältere Frau geschmiegt. Aus der Geschichte hinter diesem Bild springt einen hinterrücks die Erkenntnis an, dass selbst das Unwahrscheinliche doch möglich ist – Krieg ist offenbar auch die Zeit der Wunder.

Katja Petrowskaja hat mit ihrem mehrfach ausgezeichneten Romandebüt „Vielleicht Esther“ (2014) die Geschichte ihrer Urgroßmutter in eine Reise zu den dunklen Momenten des 20. Jahrhunderts gebettet. In ihren kurzen Texten zum Ukraine-Krieg zeigt sie erneut ihr essayistisches Talent, das gepaart ist mit großem Feingefühl.

Moderation: Katharina Erlenwein